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12. November 2024
Die Bayerische Schlösserverwaltung erweitert ihr Angebot in der Residenz München um einen spannenden Themenraum: Eine museale Sonderpräsentation in der ehemaligen Königswohnung Maximilians II. widmet sich ab sofort dem wohl interessantesten Raumkunstwerk, das dieser Herrscher des Historismus in seiner Residenz gestalten ließ, dem sogenannten „Sanktuarium“.
Ab 1850 ließ Maximilian II. im Königsbau der Residenz München im Stockwerk über seinen Wohngemächern einen nur wenigen bekannten, sorgsam ausgestatteten Rückzugsraum einrichten – sein „Allerheiligstes“ oder „Sanktuarium“. An diesem abgeschotteten Ort innerer Einkehr und Gewissenserforschung umgab sich der geschichtsbewusste Monarch mit Historienbildern beispielhafter Herrschertaten sowie mit Büsten vorbildlicher Staatsmänner und Philosophen. Vor ihrem Urteil pflegte er Lebens- und Regierungsfragen abzuwägen und zu rechtfertigen. Das erzieherische Bildprogramm ergänzten Sinnsprüche an den Wänden, die zu tugendhaftem Handeln ermunterten. Die vom König intensiv durchdachte Ausstattung inszenierte die Geschichte als schöpferische, sinnstiftende Macht. Zugleich propagierte sie eine mystische Dimension des Königtums, die Maximilian II., obwohl Oberhaupt eines modernen Verfassungsstaats, besonders bedeutungsvoll schien. Vor allem dieser Aspekt wurde wiederum später von Maximilians Sohn und Nachfolger König Ludwig II. aufgegriffen und in dessen berühmten Schlossbauten kunstvoll in Szene gesetzt.
Als gebautes Gruppendenkmal verdienstvoller Persönlichkeiten, das zugleich dem Selbststudium diente, stand das Münchner Sanktuarium in der Tradition programmatisch eingerichteter Studioli der Renaissance. Unmittelbar inspiriert wurde es zudem durch dynastische und nationale Denkmalprojekte König Ludwigs I., Maximilians Vater. Weitere, heute teils vergessene, teils noch im Münchner Stadtbild präsente Bildzyklen der „Maximilianszeit“ (Altes Nationalmuseum / Museum Fünf Kontinente; Maximilianeum / Bayerischer Landtag), aber auch das verlorene Residenzappartement Ludwigs II. nehmen direkt oder mittelbar Bezug auf das verborgene „Allerheiligste“ der Residenz.
Vor 160 Jahren, nur wenige Monate nach seinem 53. Geburtstag, starb Maximilian II. in der Münchner Residenz (1811–1864), der dritte bayerische König, der den Thron 1848 im Schatten revolutionärer Umwälzungen bestiegen hatte. Neben seinem kunstpolitisch aktiven Vater Ludwig I., und seinem Sohn, dem populären „Märchenkönig“ Ludwig II., tritt Maximilian II., ein skrupulöser, persönlich bescheidener Pflichtmensch, in der allgemeinen Wahrnehmung oft in den Hintergrund. Dabei regierte dieser vielseitig interessierte Monarch das Königreich Bayern in einer bewegten Phase sozialer und politischer Umbrüche und vor dem Hintergrund umfassender Modernisierungstendenzen.
Unter Maximilian II. wandelte sich Bayern endgültig zu einer konstitutionellen Monarchie, eine Liberalisierung, die der neue König zwar pragmatisch befürwortete, innerlich aber als Beschränkung seiner angestammten Rechte ablehnte. In diesem Konflikt berief sich Maximilian II. wie schon Ludwig I. auf das maßstabsetzende Vorbild der Geschichte. Mit dem Aufbau historischer Seminare an bayerischen Universitäten, aber auch mit kunstpolitischen Initiativen wie der Entwicklung eines eigenen, historisierenden „Maximiliansstils“ versuchte der Wittelsbacher, Geschichte in den Dienst von Nation und Dynastie zu stellen. Diese Haltung prägte auch Konzeption und Ausstattung seines Sanktuariums.
Die vom Bauherrn selbst bestimmte Ausstattung des Münchner „Sanktuariums“ vereinte zwei Sphären: Die private Seelenwelt des zweifelnden Menschen Maximilian und die des Königtums, das auf Tradition und Pflicht ruht. Schwankend zwischen Psychologie und Repräsentation erweist sich das verschwundene Raumkunstwerk als charakteristisches Epochendenkmal des 19. Jahrhunderts und speziell des Historismus.
Zu Lebzeiten Maximilians II. nur provisorisch vollendet und niemals allgemein zugänglich, wurde das Sanktuarium im Zweiten Weltkrieg spätestens 1944 zerstört und später durch Räumlichkeiten der Akademie der Schönen Künste ersetzt. Erhalten blieben jedoch kriegsversehrte Teile der ursprünglich 33 Köpfe umfassenden Büstensammlung historischer Persönlichkeiten sowie Skizzen und Entwürfe des einstigen Bildprogramms. Erstmalig wird das Sanktuarium nun – in räumlicher Nähe zu seinem ursprünglichen Standort – im Residenzmuseum vorgestellt. Weitere graphische und plastische Werke der Epoche ordnen das verlorene Raumkunstwerk in seinen historischen Kontext und die Geschichte der Residenz ein: Rund 25 ausgestellte Objekte, darunter Leihgaben der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und der Staatlichen Graphischen Sammlung München, lassen Maximilians „Allerheiligstes“ so für Besucherinnen und Besucher wiedererstehen.
Die Präsentation ist ab dem 8. November 2024 bis auf Weiteres Teil des normalen Museumsrundgangs (Residenzmuseum, Raum 14a, „Erster Schlachtensaal“), es ist kein Sonderticket nötig. Zweisprachige Texte in deutscher und englischer Sprache führen durch die Präsentation.
Weitere Informationen zur Residenz München finden Sie unter: www.residenz-muenchen.de
Presse-Informationen:
Florian Schröter, Susanne Eichinger und Franziska Wimberger
Pressestelle der Bayerischen Schlösserverwaltung
Telefon 089 17908-180 und -160, Fax 089 17908-190, presse@bsv.bayern.de
Pressemitteilung 12. November 2024
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