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18. Oktober 2011

Pressemitteilung

Befreiungshalle Kelheim nicht mehr "oben ohne": Rückkehr des historischen Oberlichts auf das Dach

Historische Eisenkonstruktion nach Restaurierung in spektakulärer Aktion wieder auf das Dach gehoben

8 Meter Durchmesser, 18 Ecken, vier Tonnen gewalztes und gegossenes Eisen, zusammengehalten von 1500 Nieten: Ein solches Objekt sieht man nicht alle Tage durch die Lüfte schweben. Am Dienstag (18.10.), genau 148 Jahre nach der Eröffnung, wurde das Oberlicht der Befreiungshalle, eine historische Glas-Eisen-Konstruktion, per Kran wieder auf seinen Platz auf dem Dach gehoben.

Derzeit ist die Sanierung des Daches der Befreiungshalle Kelheim in vollem Gange. Gravierende Schäden am historischen Dachtragwerk, an der Befestigung der Kupfer-Verblechung und der Dachschalung hatten sie nötig gemacht.

Im Zuge dieser Sanierungsmaßnahme wurde Ende August das zentrale Oberlicht der Befreiungshalle abgebaut und vom Dach gehoben. In einem Schutzzelt neben der Befreiungshalle haben denkmalerfahrene Handwerker seitdem diese Konstruktion von Hand bearbeitet, entrostet und sie fit für die nächsten Jahrzehnte gemacht.

Die Befreiungshalle wurde in dieser Zeit vorübergehend mit einem Notdach abgedeckt. Der große Baukran hob nun am Dienstag die Eisenkonstruktion wieder an ihren angestammten Platz. In der nächsten Zeit wird dann noch die neue Sicherheitsverglasung in das Oberlicht eingebaut. Das Glas war vor der Abnahme des Oberlichtes ausgebaut worden; es hätte den Transport per Kran nicht überstanden.

Erhebliche Schäden am Dach

Die Schäden am Dach der Befreiungshalle waren so erheblich, dass ein schwerer Sturm möglicherweise Teile des Daches wegreißen hätte können. Deshalb muss als Vorsichtsmaßnahme auch noch bis zum Abschluss der Arbeiten bei hohen Windgeschwindigkeiten das Umfeld des Baudenkmals für Besucher gesperrt werden. Ansonsten bleibt das Innere auch während der Arbeiten zur Besichtigung geöffnet. Der obere äußere Umgang ist allerdings während der Baumaßnahme nicht zugänglich, weil dort das Gerüst steht. Die Große Baumaßnahme begann im Frühsommer 2011 und soll im Herbst des kommenden Jahres fertig gestellt werden.

Probleme bei der Belüftung führten zu Korrosion

Bei der räumlichen Fachwerkkonstruktion des Hauptdaches hat sich gezeigt, dass die Korrosion vom unteren Dachrand zum Oberlicht hin zunimmt. Dies hängt damit zusammen, dass es zwar genügend Zuluftöffnungen an der Traufe gibt, aber nicht ausreichend wirksame Abluftöffnungen am höchsten Punkt. Einige bauzeitliche Entlüftungshauben waren zu wenig wirksam und wegen der Gefahr des Schneeeintrags schon vor vielen Jahren geschlossen worden. Diese Entlüftungshauben werden deshalb bei der Dachsanierung nicht wieder ausgeführt. Stattdessen wird im Übergangsbereich vom Hauptdach zum Oberlicht eine neue Entlüftungsebene geschaffen. Dazu war es erforderlich, das Oberlicht mittels eines umlaufenden Stahlkranzes um einige Zentimeter anzuheben, so dass künftig eine ordentliche Luftzirkulation im Dachraum erreicht wird.

Bereits Mitte der 1960er Jahre hatte die Konstruktion des Oberlichtes mit Bleimennige einen neuen Korrosionsschutzanstrich erhalten, ebenso war damals die Verglasung erneuert worden. Die letzte Instandsetzung des Oberlichtes fand Mitte der 1980er Jahre statt. Damals wurde die Einscheibenverglasung gegen ein Verbundsicherheitsglas ausgetauscht. Die gesundheitsschädliche Bleimennige wurde in den 1980er Jahren weitgehend entfernt und durch einen einfachen Kunstharzanstrich ersetzt.

Verfaulte Holzbohle in der Traufe

Die Hauptschäden beim Oberlicht wurden an der Traufe vorgefunden. Hier war zwischen Eisen-Traufwinkel und Verblechung eine Holzbohle eingebaut. Diese sollte der Stabilisierung des dünnen Abdeckbleches aus Kupfer dienen, war jedoch durch Kondenswasserbildung und in der Folge durch Fäulnis über die vielen Jahre vollständig zersetzt worden. Dieses feuchte Milieu war auch Ursache für die starke Korrosion des Traufwinkels und der Nietverbindungen.

Im Schutzzelt wurde die Konstruktion des Oberlichtes nach der Abnahme gestrahlt. Nach dem Entfernen der Rostschicht konnte die verbleibende Substanz des Traufwinkels vermessen werden. Durch die Korrosion war es zu erheblicher Materialschwächung gekommen. Die baubegleitende statische Untersuchung hat aber ergeben, dass der verbliebene Restquerschnitt ausreicht und keine zusätzliche Verstärkung dieses historischen Trägers erforderlich wird.

Handgeschmiedete Nieten

Die tragenden Nietverbindungen zwischen Traufwinkel und Dachriegel waren jedoch teilweise so stark korrodiert, dass ca. 60 Stück mit Durchmesser 20 bzw. 16 mm ausgetauscht werden mussten. Die Nieten aus Rundstahl wurden in Handarbeit gefertigt, auf der Baustelle mit einer Feldschmiede erhitzt und das Gegenstück der Nietköpfe in traditioneller Handwerkskunst hergestellt – mit Stempel und Hammer.

Der Korrosionsanstrich erfolgt mit 3-schichtigem Aufbau auf Basis lösemittelarmer Kunstharz-Kombinationen. Die neue Traufverblechung wird mit einem steifen Trägerblech und einem Abschlussblech aus Zinkblech im hellen Farbton der gesamten Oberlichtkonstruktion ausgeführt.

Die beiden mechanisch zu betätigenden, originalen Kippfenster werden restauriert und wieder eingebaut, während die beiden später hinzugekommenen Lamellenfenster durch elektrisch ansteuerbare Kippfenster ersetzt werden. Diese neuen Kippfenster können zusätzlich über Wind- und Feuchtemesser geregelt werden.

Das neue Dach wird lange halten

Durch die zusätzlich geschaffene Entlüftung des Hauptdaches, die steuerbare Entlüftung des Halleninnenraums im Bereich der Seitenverglasung des Oberlichts und durch den neuen Korrosionsanstrich dieses eleganten Eisentragwerks wurde an dieser kritischen Stelle der Befreiungshalle die Basis für eine langfristig schadenfreie Dachkonstruktion geschaffen.

In den kommenden Monaten werden die Entrostungs- und Anstricharbeiten an den filigranen Raum-Fachwerken des Hallendaches fortgeführt, verbunden mit dem Einbau einiger konstruktiver Verstärkungen. Im kommenden Sommer steht dann die Erneuerung der Dachschalung und Kupfer-Dachdeckung an, so dass im bevorstehenden Jubiläumsjahr 2013 das Dach dieses herausragenden Baudenkmals wieder als sicher gelten kann.

Die Arbeiten sind in einem Kostenrahmen von ca. 2,2 Mio. Euro zu erledigen. Sie werden mit der denkmalfachlichen Begleitung durch die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen vom Staatlichen Bauamt Landshut geleitet und stehen unter der Fachaufsicht und Bauleitung durch das Ingenieurbüro Drexler und Baumruck, Straubing. Eine Reihe denkmalerprobter Fachleute und Handwerksbetriebe aus der Region, aus Bayern, aber auch Sachsen, kommt hier bei dieser anspruchsvollen Aufgabe zum Einsatz.

 

Presse-Informationen:
Dr. Jan Björn Potthast, Pressesprecher der Bayerischen Schlösserverwaltung
Telefon (0 89) 1 79 08-160 und -180, Fax (0 89) 1 79 08-190, presse@bsv.bayern.de


Pressemitteilung 18. Oktober 2011


 
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