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14. Juli 2010
Noch bis zum 31. Oktober präsentiert die Bayerische Schlösserverwaltung kostbare Wandteppiche des 18. Jahrhunderts in einer beeindruckenden Inszenierung in Würzburg. Die Sonderausstellung "Gewebter Luxus – Tapisserien aus Beauvais und Würzburg" zeigt Werke der berühmten französischen Manufaktur in Beauvais und der Würzburger Werkstatt des Andreas Pirot. Mit dieser Ausstellung ist erstmals nahezu das gesamte erhaltene Werk der Würzburger Manufaktur in der Residenz vereint.
Alle neu ausgestellten Tapisserien, die bis zu 26 m² groß sind, wurden in den letzten Jahren aufwendig restauriert, was knapp 100 000 Euro kostete. Nun kommt ihre Farbenpracht und die Feinheit ihrer Textur aber wieder voll zur Geltung. Die Tapisserien der China-Folge werden in einer Ausstellungsarchitektur präsentiert, die eigens auf die empfindlichen Textilien und deren optimale Beleuchtung zugeschnitten ist. So kann der Besucher ganz aus der Nähe die handwerkliche und künstlerische Meisterschaft der Wirker des 18. Jahrhunderts bewundern.
Luxuriöse Wandbehänge gehörten zu den wertvollsten Ausstattungsstücke in Schlössern und Residenzen. Auch in der Residenz Würzburg gibt es viele schöne Wirkteppiche aus Brüssel, doch nie scheint ein Fürstbischof ein Stück aus der berühmten königlich-französischen Manufaktur in Beauvais erworben zu haben. Dort wurde seit 1690 mit der Folge "Szenen aus dem Leben des Kaisers von China" ein lang anhaltender Verkaufserfolg erzielt. Erstmals wurden Bilder aus der exotischen Welt Ostasiens zum Thema einer Tapisserien-Folge. In der Sonderausstellung werden daraus wunderbar illustrierte Szenen gezeigt: "Das Frühstück der Kaiserin", "Der Kaiser auf der Reise" und "Die Astronomen".
Die beiden erstgenannten Stücke gehören zu einer um 1720/30 entstandenen sechsteilige China-Folge, die 1815 den Salon der Kronprinzessin Therese in der Münchner Residenz schmückte. Von 1934 bis 2000 hingen sie in die Residenz Bamberg. Die Brücke nach Würzburg schlägt die Tapisserie "Die Astronomen", die schon im 18. Jahrhundert zum Bamberger Bestand gehörte. Diesen Wandteppich aus Beauvais ließ nämlich Friedrich Carl von Schönborn, der gleichzeitig Fürstbischof von Bamberg und Würzburg war, von seiner Würzburger Manufaktur vergrößern, was noch heute sehr deutlich an dem Stück selbst ablesbar ist.
Parallel zur Erbauung und Ausstattung der Residenz wurde in Würzburg eine eigene Tapisserie-Manufaktur des fürstbischöflichen Hofes eingerichtet. Unter der Leitung des 1708 in Frankfurt geborenen Andreas Pirot produzierte sie 1728-1749 Wandteppiche und Möbelbezüge für die fürstbischöflichen Schlösser in Franken.
Vielleicht als Ergänzung zu der von ihm vergrößerten Tapisserie aus Beauvais, die den Kaiser von China im Kreise seiner Astronomen zeigt, begann auch Pirot mit der Herstellung einer China-Serie. Die Vorlagen hierfür entwarf der Bamberger Hofmaler Johann Joseph Scheubel d. Ä. unter Verwendung von Stichen aus älteren Reisebeschreibungen. Obwohl es mindestens drei verschiedene China-Motive gab, die Scheubel je zwei- oder sogar dreimal in Wirkteppiche umsetzte, scheint sich nur eines erhalten zu haben, dieses jedoch in doppelter Ausführung: In der Ausstellung gezeigt wird die "Chinesische Hochzeit" aus der Bamberger Residenz. Ein zweites, etwas breiteres Exemplar hängt im Mainfränkischen Museum.
Berühmtheit erlangte Andreas Pirot mit einer weiteren Folge nach Entwürfen Scheubels, die Szenen mit Figuren aus der volkstümlichen italienischen Improvisationskomödie, der Commedia dell’arte, darstellt. Seit 1745 geben die ersten drei Tapisserien aus dieser Serie, in deren Hintergrund die Architekturkulisse Venedigs auftaucht, dem "Venezianischen Zimmer" in der Residenz Würzburg seinen Namen. In der Ausstellung neu dazu kommt nun eine weitere Dreierfolge der gleichen Serie, die wiederum ein "Gastmahl im Freien" und einen "Maskenzug auf dem Markusplatz" zeigt, sowie eine Neuerwerbung mit zwei Einzelfiguren der Commedia dell’arte: "Pantalone und Doctor Boloard".
Während die drei älteren Tapisserien alle das Wappen des 1746 verstorbenen Würzburger Fürstbischofs Friedrich Carl von Schönborn tragen, prangt auf dieser zweiten Serie schon das Wappen seines übernächsten Nachfolgers Carl Philipp von Greiffenclau, der von 1749 bis 1754 regierte.
Die drei Wandteppiche der Commedia dell’arte-Folge werden in der sogenannten "Galerie" direkt hinter dem Spiegelkabinett gezeigt. Sie sollen künftig auf speziell angepassten Trägerplatten dauerhaft in der Residenz bleiben. Die dadurch notwendig gewordene Neubespannung des Raumes mit Textiltapeten soll 2011 erfolgen.
Presse-Informationen:
Dr. Jan Björn Potthast, Pressesprecher der Bayerischen Schlösserverwaltung
Telefon (0 89) 1 79 08-180, Fax (0 89) 1 79 08-190, presse@bsv.bayern.de
Pressemitteilung 14. Juli 2010
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