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27. Juli 2005
Die vergoldete Bronzestatue des Merkur erstrahlt im neuen Glanz. Die Bayerische Schlösserverwaltung präsentierte am Mittwoch (27. Juli) im Grottenhof der Münchner Residenz den restaurierten "Fliegenden Merkur", der mit Hilfe der Renate Strascheg Stiftung wiederhergestellt werden konnte. Nach über vier Jahrhunderten in der offenen Grottenhalle war die Oberfläche der Bronze so angegriffen, dass sie restauriert werden musste. Die Arbeiten dauerten rund fünf Monate.
Nach Freilegung der noch verbliebenen vergoldeten Oberfläche präsentiert sich der "Fliegende Merkur" von Carlo di Cesare del Palagio aus dem Jahr 1587 nun wieder in seiner ursprünglichen Feuervergoldung. Mit dieser qualitätsvollen Oberfläche ist die über zwei Meter hohe Bronzefigur ein einzigartiges Werk des 16. Jahrhunderts. Die originale Feuervergoldung kam unter massiven Verkrustungen und Korrosionen zum Vorschein. Eine Wachsschicht schützt nun die ursprüngliche Vergoldung. Restauriert wurde zudem das eiserne Stützgerüst. Im Zuge der Arbeiten an der Merkurfigur wurde auch die Wassereinspeisung neu installiert. Auch die vier kleineren und das größere Wasserbecken der Grottenwand wurden wieder auf Hochglanz gebracht.
Nur durch die großzügige Finanzierung der Renate Strascheg Stiftung für Kunst, Kultur und Denkmalpflege war die Restaurierung des fliegenden Merkur und die Instandsetzung der Wasserführung der Grottenanlage möglich. Die Renate Strascheg Stiftung hat bereits im Jahr 2004 die Restaurierung und den Abguss des Perseusbrunnens in der Mitte des Grottenhofes finanziert. Durch dieses generöse Mäzenatentum konnten nun schon zwei der bedeutendsten europäischen Bronzeplastiken der späten Renaissance, die seinerzeit dem Münchner Hof unter Herzog Wilhelm V. von Bayern internationalen künstlerischen Rang verliehen, "gerettet" werden. Die Bayerische Schlösserverwaltung dankt der Renate Strascheg Stiftung für ihr Engagement.
Der vergoldete Merkur ist die "Schlüsselfigur" im Grottenhof der Münchner Residenz. Als fliegender Götterbote, der real aus dem Götterhimmel herabzuschweben scheint, vermittelt er zwischen den Szenen in den Wandbildern der Grottenhalle mit Darstellungen der olympischen Götterwelt und dem Gartenhof, in dem der Herzog und seine geladenen Gäste lustwandelten. Im Typus orientiert sich der vergoldete Merkur an Merkurstatuen des seinerzeit europaweit hoch geschätzten, insbesondere in Florenz tätigen Bildhauers Giovanni da Bologna – etwa der berühmten Figur im Bargello (Florenz) von 1580, die ebenfalls auf einem Windstoß balanciert.
Die Zuschreibung des Münchner Merkur an Carlo di Cesare del Palagio (1538 bis nach 1597) erfolgte erst kürzlich durch Dorothea Diemer in ihrem Werk über den Bildhauer Hubert Gerhard, das 2004 erschien. Der gebürtige Florentiner Carlo di Cesare del Palagio, der in den Hofwerkstätten der Medici tätig war, ist erstmals unter Herzog Albrecht V. von Bayern (reg. 1550-1579) in München nachweisbar. Unter Herzog Wilhelm V. (reg. 1579-1597) arbeitete er zusammen mit dem gebürtigen Niederländer Hubert Gerhard an größeren Projekten, insbesondere an der Ausstattung der Gartenanlagen der Münchner Residenz mit Bronzeplastiken.
Während die Perseusgruppe auf dem Brunnen in der Mitte des Grottenhofs der Münchner Residenz von Hubert Gerhard stammt, erhielt Carlo den Auftrag für den Merkur an der Grottenwand. Dass man Carlo die Herstellung der Bronze übertrug, mag damit zusammenhängen, dass er für die Gestaltung und Errichtung der gesamten Grotte mit ihrer Brunnenanlage verantwortlich war. Hierfür hatte er sich durch entsprechende Anlagen in Florenz als Spezialist ausgewiesen. Mit seinem florentinisch-manieristischen Stil setzte er so einen eigenen Akzent innerhalb des von dem Architekten Friedrich Sustris, dem Kunstintendanten des bayerischen Herzogs, konzipierten Grottenhofs der Münchner Residenz.
Der Grottenbrunnen ist der einzige erhaltene seiner Art überhaupt aus dem 16. Jahrhundert in Deutschland. Leider ist die Grottenwand nach Jahrhunderten und insbesondere nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs heute nur noch ein "Schatten" ihrer ursprünglichen Pracht und wartet ebenfalls auf ihre Restaurierung. Ursprünglich war sie mit farbigen Muscheln, Perlmutt, roten Korallenästen, Schwämmen und Kristallen ausgestattet. In dieser reichen Farbigkeit bildete der vergoldete Merkur an zentraler Stelle den glanzvollen Höhepunkt.
Der Grottenhof im Herzen der Residenz ist der älteste der insgesamt zehn Höfe der Schlossanlage. Trotz einer späteren Veränderung der Hoffassaden um 1730 spiegelt dieser Hof mit seiner Grottenhalle und den bedeutenden Bronzebildwerken noch den für die italienische Renaissance typischen Charakter eines so genannten "Geheimen Lustgartens" wider. Dieser war nur für den bayerischen Herzog, Angehörige des Hofstaats und hochrangige Gäste zugänglich. Heute steht der Grottenhof allen Besuchern der Residenz täglich im Vormittags- und Nachmittagsrundgang offen.
Die Renate Strascheg Stiftung für Kunst, Kultur und Denkmalpflege wurde im Jahr 2003 von der Namensgeberin Renate Strascheg ins Leben gerufen. Das besondere Interesse von Frau Strascheg gilt neben der zeitgenössischen Kunst schon immer auch historischen Kultur- und Denkmalgütern.
Die Stiftung will durch ihr Engagement erreichen, dass historische Substanzen und bedeutsame Kulturdenkmäler restauriert und erhalten werden. Durch die Gewährung von Zuschüssen soll dazu beigetragen werden, dass der Bogen aus der Vergangenheit in die Zukunft gespannt wird und somit die "schönen Dinge der Vergangenheit" auch für nachfolgende Generationen zugänglich bleiben.
Presse-Informationen:
Ines Treffler, Pressesprecherin der Bayerischen Schlösserverwaltung
Telefon (0 89) 1 79 08-160, Fax (0 89) 1 79 08-190, presse@bsv.bayern.de
Pressemitteilung 27. Juli 2005
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