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3. Juni 2003

Pressemitteilung

Allerheiligen-Hofkirche in der Münchner Residenz wieder eröffnet.

Faltlhauser: Wiederaufbau der Münchner Residenz ist erfolgreich abgeschlossen

Fast 60 Jahre nach den Kriegszerstörungen konnte Finanzminister Kurt Faltlhauser am Dienstagabend (3.6.) im Rahmen eines Festaktes die Allerheiligen-Hofkirche in der Münchner Residenz wieder eröffnen. Zugleich übergab er den neu gestalteten Kabinettsgarten der Öffentlichkeit. "Nach der Bombennacht des 25. April 1944 kann der Freistaat Bayern heute den Schlusspunkt in der Wiedererrichtung der Residenz München setzen", erklärte Faltlhauser.

"Noch heute spiegeln die Residenzen der Fürsten, Könige und Kaiser die Landkarte des alten Europa wider", stellte Faltlhauser fest und erinnerte an die Entwicklung der Münchner Residenz: Unter Herzog Albrecht V. sei der Augsburger Maurermeister Simon Zwickel um 1570 mit seinem Antiquarium zum ersten Baumeister der Residenz geworden. Albrechts Sohn Wilhelm V. habe durch Friedrich Sustris ein heiteres Ensemble plätschernder Brunnen, skulpturengeschmückter Tempel und lichter Hallen am heutigen Grottenhof entstehen lassen. Maximilian I. sei es schließlich gelungen, in gut 16 Jahren seine Residenz zum prächtigsten Profanbau jener Tage auf dem Kontinent zu machen. Dies habe nicht zuletzt sein Erzfeind Gustav Adolf von Schweden, der die Residenz 1632 unzerstört besetzte, neidvoll bekannt. Maximilians Urenkel Karl-Albrecht, dem die alten Kaisertrakte unmodern erschienen, habe im Vorgriff auf sein angestrebtes Kaisertum um 1730 den genialen Planer François Cuvilliés neu bauen lassen. Das Ergebnis, die "Reichen Zimmer", gehörten nach wie vor zum größten Schatz der Residenz, so Faltlhauser. Die beiden Könige Maximilian und Ludwig hätten schließlich ein der Königskrone würdiges Ambiente geschaffen: König Maximilian mit dem größten Opernhaus jener Tage, König Ludwig mit einem Kranz repräsentativer Trakte, die den alten Kern der Residenz monumental umrahmten. Der neue Marstallplatz im Osten der Residenz sei gewissermaßen zum städtebaulichen Schlussstein jener Baukampagne geworden, die 1842 abgeschlossen gewesen sei und 16 Jahre früher, mit dem Bau der neuen Hofkirche durch Leo von Klenze, begonnen habe.

Faltlhauser erinnerte auch an den 25. April 1944, als ein schweres Bombardement die Innenstadt in Flammen setzte. Von etwa 25.000 Quadratmeter Dachfläche der Residenz seien damals nur etwa 50 Quadratmeter heil geblieben. Nahezu alles Holz des Schlosses verbrannte, der Steinzimmertrakt, die Mitte des Antiquariums, der Kapitelstock stürzten ein. Die Residenz München, das Jahrhunderte alte Zentrum der Macht und der Pracht der Wittelsbacher und damit der Geschichte Bayerns sei unrettbar verloren erschienen. "Heute, fast 60 Jahre später, können wir mit großer Freude den Wiederaufbau der Residenz feiern. Man muss als Beispiel nur das traurige Geschick der Schlösser in Berlin und Potsdam oder das Schloss in Karlsruhe betrachten, um die Einzigartigkeit dieses Vorgangs zu begreifen", stellte Faltlhauser fest. Insgesamt habe der Freistaat Bayern in den Wiederaufbau der Residenz rund 1 Milliarde Euro investiert.

Aus der Vielzahl jener Männer und Frauen, die dieses Werk in nunmehr 59 Jahren geleistet haben, griff Faltlhauser stellvertretend fünf Namen heraus: Professor Rudolf Esterer, Tino Walz, Engelbert Völk, Professor Otto Meitinger und Toni Beil. Professor Rudolf Esterer, Architekt aus königlicher Zeit, Ministerialbeamter und Hochschullehrer, habe das theoretische Fundament für den Wiederaufbau geliefert. Als erster Nachkriegspräsident der Schlösserverwaltung habe er noch die grundlegenden Sicherungsmaßnahmen an seinem zentralen Bauobjekt veranlassen können. Tino Walz, Schweizer Architekt und Schüler Rudolf Esterers, sei es als Kopf der Freunde der Residenz gelungen, jenes öffentliche Interesse an der Schlossruine wach zu halten, das für die Rettung unabdingbar gewesen sei. Die Schuttreinigung des Baus, Restaurierungen im Antiquarium, Ahnengalerie und Hofkapelle sowie die Errichtung eines Schauspielhauses am Brunnenhof seien wesentliche Leistungen gewesen. Engelbert Völk und Professor Otto Meitinger, Chef der Residenzbauleitung von 1953 bis 1963, hätten gleichzeitig in jener Hochphase des Wiederaufbaus mitgewirkt, als mit dem Münchner Stadtjubiläum des Jahres 1958 endlich ausreichende Mittel für einen umfassenden Aufbauplan verfügbar gewesen seien. Die Vollendung der äußeren Instandsetzung, ein erster Teilausbau des Residenzmuseums und insbesondere die Errichtung des Cuvilliéstheaters seien in dieser Zeit geleistet worden. Toni Beil, Nachfolger von Professor Meitinger als Chef der Residenzbauleitung, habe der Allerheiligen-Hofkirche ganz besondere Hinwendung angedeihen lassen. Vor manchem anderem habe er die Qualität des Klenzebaus erkannt. Als der Abbruch drohte, habe Beil den Auftrag in seinem Schreibtisch liegen lassen und so den größten Kirchenbau Klenzes vor seinem unverdienten Untergang bewahrt.

Faltlhauser wies auch darauf hin, dass das karge Raumkunstwerk der Allerheiligen-Hofkirche bald als viel zu schade angesehen wurde, um nur gelegentlich bei gutem Wetter genutzt zu werden. Sowohl kirchliche Funktionen als auch Ausstellungszwecke seien im Gespräch gewesen. Zur Stabilisierung der klimatischen Verhältnisse seien ab 1986 die zerstörten Gewölbe wieder eingebaut worden. Nachdem der Charakter als Sakralraum von kirchlicher Seite als erloschen angesehen worden sei, sei im Frühjahr 2000 der Weg für eine multifunktionale Nutzung unter dem organisatorischen Dach der Schlösserverwaltung frei gewesen.

400 Personen fasst nun der Veranstaltungsraum, für den ein besonderes Nutzungskonzept erarbeitet wurde. Dabei wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass es sich bei dem Raum um eine ehemalige Kirche handelt. Vor allem Konzerte und festliche Veranstaltungen, auch der Kirche, gehören zum Gesamtkonzept.

Gleichzeitig mit der Hofkirche wurde auch der Kabinettsgarten neu gestaltet. Hier habe früher die Hofgesellschaft ungesehen an die frische Luft gehen können, und Leo von Klenze habe von seinem hier gelegenen Büro aus den Blick ins Grüne genießen können, erklärte Faltlhauser. Da für einen stilgerechten Nachbau ausreichende Unterlagen gefehlt hätten, habe man sich zu einer Neugestaltung entschlossen. "Der Kabinettsgarten wird künftig der Münchner Bevölkerung offen stehen. Ich prophezeie schon jetzt, dass der Kabinettsgarten sehr bald zu den beliebtesten Freiräumen der Innenstadt gehören wird", kündigte Faltlhauser an.

Abschließend erklärte Faltlhauser: "Der Wiederaufbau der Residenz ist nun also erfolgreich mit einer neuen großen Stätte der Begegnung, ganz in der Tradition des Hauses, abgeschlossen worden. Dieses große Werk ist auch ein Vermächtnis für die heutige Generation. Wollen wir uns auch zukünftig diesen Schatz an materiellen und künstlerischen Werten bewahren, sind besondere Anstrengungen nötig. Hier alles irgend Mögliche zu tun, wird dem Freistaat Bayern eine vornehme und gerne erfüllte Aufgabe bleiben."


Pressemitteilung 3. Juni 2003


 
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