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21. März 2003

Pressemitteilung

Neue Kunstschätze auf Herrenchiemsee. Erweiterung der Gemäldegalerie Julius Exter im Museum im Augustiner-Chorherrenstift

Zu Beginn des Sommerhalbjahres 2003 kann die vor zwei Jahren eröffnete Gemäldegalerie Julius Exter im Prälatenstock des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstifts Herrenchiemsee ("Altes Schloss") mit neuen Attraktionen aufwarten. Unter dem Aspekt der weiteren kulturellen Nutzung der 1803 als Folge der Säkularisation profanierten Klostergebäude wurden zwei weitere Räume im Hauptgebäude der Prälatur saniert und durch das Hochbauamt Rosenheim baulich den bereits restaurierten Galerieräumen angepasst.

In diesen beiden Räumen sind ab 1. April 2003 nun ca. 30 weitere Gemälde von Julius Exter neu präsentiert, die bisher noch nicht zu sehen waren.

Der sogenannte Prälaturstock wurde von dem Jesuitenbaumeister Pater Joseph Guldimann von 1727 bis 1730 in Anlehnung an den bereits bestehenden Fürstenstock erstellt. Der solide Bau besitzt im Erdgeschoss barocke Steingewölbe in schönen Hallen und im Flur. Eine breite Treppe führt zur Prälatenwohnung im ersten Obergeschoss mit schlichten, aber vorzüglich proportionierten Barockräumen. Hier ist jetzt die Exter-Galerie untergebracht. Der Jesuitenarchitekt Joseph Guldimann stammte aus der Schweiz und war als gefragter Architekt in Süddeutschland tätig, so bei der Vollendung der Jesuitenkirche in Ellwangen (Jagst). Er war auch Professor für Mathematik. Der Nachruf rühmt seine bedeutenden Kenntnisse auf dem Gebiet des Bauwesens.

In den beiden neuen Räumen der Exter-Galerie wird vor allem das Thema "Landschaft" nochmals vertiefend aufgegriffen. In der Landschaftsmalerei entfaltet sich Exters Darstellungskunst in besonderer Weise. Der Künstlersitz in Übersee-Feldwies ist der Ausgangspunkt seiner vielfältig variierten Motive zwischen Chiemsee und Gebirge. Der See und seine Uferzone, Wiesen, Felder und die Moorgebiete um Feldwies kehren ebenso regelmäßig wieder wie der Fernblick zum Gebirge. Zwischen 1900 und 1910 entstehen plakative, jugendstilartig stilisierte Landschaften mit ausgeprägter Linienführung (z. B. "Bei Sonnenaufgang"). Von 1920 bis 1930 findet Julius Exter zu seinem späten Stil mit rauschhaft-breiter Pinselführung und intensiven Farben voll expressiver Leuchtkraft (z. B. "Badende in Kahn" oder "Badestrand").

Julius Exter beherrschte die Malkunst vom monumentalen Format bis hin zu postkartengroßen Skizzen in meisterhaft feiner Ausführung. Zu seinen Hauptwerken im Großformat zählt das 1911 entstandene Triptychon "Jubilante", ein riesiges dreiteiliges Gemälde, eingefügt in ein aufwändiges altarförmiges Rahmenwerk. Die Mitte bildet der vor der Grabeshöhle aufgebahrte Leichnam Christi, dessen Tod die Menschheit beklagt. Auf den Flügeln symbolische Gestalten, darunter musizierende Engel, links noch ganz im Dunkeln, rechts überstrahlt von himmlischem Licht. Christi Tod und Verklärung: ein christliches Thema, allgemein formuliert als Sieg des Lichts über die Finsternis.

Julius Exter, geboren 1863 in Ludwigshafen, gestorben 1939 in Übersee-Feldwies am Chiemsee, erhielt seine Ausbildung zum Kunstmaler an der Akademie der Bildenden Künste in München. Vom späten Historismus führt sein Weg über impressionistische und symbolistische Phasen zu einem farbensprühenden Spätwerk. Die leuchtenden Farben werden jetzt mit breiten "Pinselbahnen" aufgetragen, die Formen sind vereinfacht und abstrahiert, das Bildmotiv ist ungewöhnlich, die Malfläche spannungsreich gegliedert. Exter behandelt zunächst vor allem auch großformatige religiöse und symbolistische Themen, später treten dann Landschaft, Akt im Freien und Porträts in den Vordergrund.

Die Entwicklung Exters vom Historismus zur vitalen Farbigkeit des Expressionismus vollzog sich in engem Kontakt zu den Reformbewegungen in der europäischen Malerei. Er gehört zu jener Gruppe fortschrittlicher Künstler, die 1892 die Münchner Secession gründeten. Schon früh erhielt er den Ehrentitel "Farbenfürst".

In München hatte Julius Exter Verbindung mit Franz von Stuck, mit den Künstlern der Wochenschrift "Jugend" und der "Scholle" sowie mit dem Komponisten Richard Strauss in dessen Sommerdomizil Marquartstein. Maltechnisch und koloristisch sind Parallelen zur expressionistischen Phase Kandinskys und seiner Malerkollegen evident. Exters international besuchte Malschule wurde von Damen bevorzugt, die nicht zuletzt dazu beitrugen, seinen Namen europaweit bekannt zu machen. Der 1917 in Übersee-Feldwies am Chiemsee sesshaft gewordene Künstler gehört zu den wichtigsten Vorkämpfern der modernen Malerei im München der Prinzregentenzeit, das sich um 1900 zu einem Zentrum künstlerischer Reformtendenzen entwickelt hatte.

Der Freistaat Bayern, vertreten durch die Bayerische Schlösserverwaltung, hat den künstlerischen Nachlass Exters und das Künstlerhaus in Übersee-Feldwies am Chiemsee von dessen Tochter Judith durch Kauf und Erbe übernommen. Inzwischen wurden seine Gemälde in großem Umfang restauriert und konservatorisch angemessen gerahmt. Außer im Exter-Haus in Übersee-Feldwies fanden Exter-Ausstellungen statt zur Eröffnung der neuen Galerie der Bayerischen Landesbank München (1998), in der Stiftung "Langmatt" Sidney und Jenny Brown in Baden bei Zürich (1999) und in der Slevogt-Galerie der Villa Ludwigshöhe in der Pfalz (2002). In der 2001 gegründeten Exter-Galerie auf Herrenchiemsee ist das Schaffen des Künstlers nach der jetzigen Erweiterung nun in vollem Umfang zu sehen.


Gemäldegalerie Julius Exter im Augustiner-Chorherrenstift Herrenchiemsee

1. April - 3. Oktober: 9 bis 18 Uhr
4. - 31. Oktober: 10 bis 17 Uhr
1. November - März: geschlossen

Eintritt: 2,50 Euro bzw. 2 Euro (ermäßigt )

Telefon 0 80 51 / 68 87-0, Fax 0 80 51 / 68 87-99


Künstlerhaus Exter, Blumenweg 5, 83236 Übersee-Feldwies

Bei Ausstellungen von Frühjahr bis Herbst 17 bis 19 Uhr und nach Vereinbarung; montags geschlossen

Telefon 0 86 42 / 89 50-83, Fax 0 86 42 / 89 50-85

 

Weitere Informationen und kostenlose Pressefotos erhalten Sie bei:
Claudia Albrecht, Bayerische Schlösserverwaltung, Öffentlichkeitsarbeit
Telefon 0 89 / 1 79 08-160, Fax 0 89 / 1 79 08-190


Pressemitteilung 21. März 2003


 
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