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Juli 2003
Ab Anfang der 1980er Jahre wurde vom Casino durch ein freiberufliches Ingenieurbüro ein Gebäudeaufmaß gefertigt, da nur historische Entwurfspläne des Architekten Franz Jakob Kreuter existierten – exakte Bestandspläne, begleitet von Literatur- und Archivforschung und Schadensdokumentation mit Hilfe eines Raumbuchs sind eine wichtige Voraussetzung für eine anspruchsvolle Restaurierungsmaßnahme. Rekonstruktionspläne wurden auf dieser Basis gezeichnet, bauphysikalische Gutachten und Befunduntersuchungen lieferten weitere Grundlagen.
Bis 1997 wurden statische Sicherungsmaßnahmen durchgeführt – die Turmfundamente mussten mit Beton unterfangen, die Wände mit Längsankern stabilisiert werden. 1997 bis 1999 wurde die Anbindung der Roseninsel an die Ringkanalisation des Ammersees und der Bau von öffentlichen Toiletten in einem neuen Bootshaus realisiert. (Zusätzlich wurde ein Anbau an das Bootshaus am Festland für weitere Sanitärräume erstellt). Aufwendig war die Verlegung eines Bündels von Ver- und Entsorgungsleitungen auf dem Seegrund zur Insel. Die Freilegung der Sockelwände des Casinos von Humus und wuchernder Vegetation begünstigte eine Trocknung der durchfeuchteten Außenwände.
Die Räume und Bauteile des Casinos zeigten einen unterschiedlichen Erhaltungszustand: Im Erdgeschoss wurde der Gartensaal überwiegend konservierend behandelt: Reinigung, Festigung der Mal- und Putzschichten wo erforderlich, restauratorische Ergänzung einiger Fehlstellen, die den Gesamteindruck störten, Nachfertigung fehlender baulicher Zierteile (z. B. Rosetten der Kassettendecke), Reinigung des Wandkamins, farbliche Einstimmung restaurierter Teile unter Berücksichtigung eines gealterten Zustandes. Ferner mussten Teile der Wandvertäfelung einer Holzschädlingsbekämpfung unterzogen werden. Kaum sichtbar ist in diesem und den anderen Räumen unter größtmöglicher Schonung der wertvollen Bausubstanz die notwendige technische Infrastruktur integriert worden: elektrische Energie, Brandmeldung, Einbruchsmeldung.
Größere restauratorische Maßnahmen mit rekonstruktiven Ergänzungen waren im Durchgangsraum am Treppenhaus nötig, wo nur mehr Reste der malerischen Architekturgliederung vorhanden waren.
Die Tapeten im Eingangsraum, auch Ruheraum der Königin genannt, sind durch Schimmelbefall geschädigt worden. Wegen der ungünstigen klimatischen Rahmenbedingungen dieses nordseitigen Raumes wurden sie zunächst abgenommen, gesichert und durch eine lasierend-wolkige Kalkfarbfassung im gleichen türkisen Grundton ersetzt. Eine spätere Wiederanbringung ist, je nach den Erfahrungen mit dem Klima des genutzten Raumes, nicht ausgeschlossen. In diesem Raum mit seiner originalen, dezent mit Linien und Ranken bemalten Decke wie auch im angrenzenden "Kavalierszimmer" konnten die zerstörten Kachelöfen wieder aufgebaut werden.
Im Kavalierszimmer konzentrieren sich heute die technischen Einbauten wie z. B. die Brandmeldezentrale. Auf der anderen Seite des Eingangsraumes wurde ein kleines Personal-WC geschaffen, während die Toilette aus der Zeit Ludwigs II. weitestgehend unverändert blieb.
Augenfällig wird das baulich und restauratorisch bisher Geleistete auch am Äußeren des Gebäudes: In der alten Farbigkeit und mit vielen liebenswerten Details tritt es heute wieder in den Dialog mit der herrlichen Gartenanlage und der umgebenden Landschaft. Die Farbfassung in Ocker und zartem Rosa wurde in der alten Kalk-Casein-Technik ausgeführt, was den Fassaden ein lebendiges, beinahe schwebendes Erscheinungsbild verleiht. Viele Holzteile der Dachüberstände und der Ost-Veranda mussten repariert und ergänzt werden; ebenso hat man die teilweise noch vorhandene ornamentale Bemalung auf Hölzern und Fassaden restauriert. Auch das Fresko von Philipp Foltz an der Südseite konnte samt malerischer Umrankung gefestigt und restauriert werden. Bauplastischer Schmuck wie figürliche Reliefs und Medaillons wurde ergänzt, zum Teil abgegossen und zum Teil als Original wieder angebracht. Nach grundlegender Überarbeitung durch den Metallrestaurator (Korrosionsbeseitigung, Verlötung, Ergänzung fehlender Details, Korrosionsschutz und schwarz-grünliche Fassung auf Kunstharzbasis) konnten auch die Figurengruppen der Nymphen, Satyrn und Tritonen aus Zinkguss wieder an ihren Plätzen in den Giebelfeldern befestigt werden. Einige verlorene Vasen, die früher auf den Terrassenbrüstungen gestanden waren, wurden von erhaltenen Vorbildern in Potsdam abgeformt – dies verdanken wir einer großzügigen Spende der Franziska Günther-Stiftung und des Förderkreises Roseninsel. Sie zieren heute wieder den südlichen Gartenausgang.
Wesentlich für das Erleben des Gebäudes sind die in aufwendiger Rekonstruktionsarbeit wiederhergestellten Terrassen: Die alten Fliesen mit Intarsien konnten, ergänzt durch einen neutralen Randstreifen und einige Zierfliesen, wieder verlegt werden. Die Brüstungspfeiler und Stufen im grünlichen Sandstein und die Füllungen aus halbkreisförmigen keramischen Bögen und Gittersteinen wurden sorgfältig in der handwerklichen Präzision des 19. Jahrhunderts wiederhergestellt.
Nach der archäologisch-bauforscherischen Dokumentation der Reste der Inselkirche aus dem 12. Jahrhundert durch einen Burgenforscher und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege konnte an die Sanierung und den Ausbau des 1855 auf dieser Ruine errichteten Gärtnerhauses gegangen werden. Es enthält nun im Erdgeschoss den Museumsladen und einen Ausstellungsteil, im Obergeschoss eine Personalwohnung. Ein östlicher Anbau des 20. Jahrhunderts wurde abgebrochen, so dass der Baukörper nun wieder in seinen ursprünglichen Dimensionen dasteht. (Die Lage der historischen Kirchenfundamente im Bereich östlich des Gebäudes, wo sie nach außen hervortreten, zeigt sich als Band von Feldsteinen). Die stark durchfeuchteten Wände mussten im Fundamentbereich gefestigt und verstärkt werden. Der salzbelastete Putz wurde durch einen neuen Kalk-Zementputz ersetzt. In die originalen, zum Teil profilierten Fensterrahmen sind isolierverglaste Flügel mit historischen Abmessungen eingesetzt. Den neuen Ziegelplattenboden trägt eine Betonplatte mit Fußbodenheizung. Diese Heizung wird mit Erdwärme gespeist, für die mehrere 30 m tiefe Bohrungen eingebracht wurden. Der Innenraum wird ferner geprägt vom Weiß und Hellgrau der neuen Wandoberflächen, Türen und abgehängten Decken. Den ländlichen, dem Casino untergeordneten Charakter unterstreicht die raue Lärchenholzschalung, die mit den Jahren silbergrau werden wird. Die komplette Installation wurde erneuert, Sanitärräume und Küche eingebaut, der Museumsladen im für die Schlösserverwaltung typischen Erscheinungsbild eingerichtet. Besonders sprechend ist die erstaunliche Verquickung der gotischen Inselkirche mit dem Gärtnerhaus in der in unterschiedlichen Steinarten (Feldsteine, Tuffquader) gefügten Westwand. Diese Mauer wurde innen und außen freigelegt, ihre Fugen ausgekratzt und mit Kalkmörtel gefestigt, so dass sie noch manche kommende Generation überdauern kann.
Insgesamt wurden für das Casino seit den frühen 1980er Jahren zusammen mit vorbereitenden Maßnahmen rund 2,74 Mio. Euro ausgegeben. Allein die statische Sanierung und die Infrastrukturmaßnahmen erforderten davon ca. 1,34 Mio. Euro. Die Sanierung und der Ausbau des Gärtnerhauses kosteten den Freistaat zusätzlich etwa 610.000 Euro.
Die Restaurierung des Obergeschosses im Casino bleibt einem weiteren, letzten Bauabschnitt vorbehalten (der je nach Finanzierungsmöglichkeit Ende 2005 oder später abgeschlossen werden kann). Hier werden, wie im Erdgeschoss, Wandflächen zu sichern und zu festigen sein, Tapeten sind abzunehmen und zu restaurieren, die Treppe samt Geländer für den Verkehr mit kleinen Besuchergruppen instand zu setzen. Insgesamt darf man gespannt sein auf die Wirkung des großen Speisesaals im Obergeschoss, der den Gartensaal des Erdgeschoss wegen seiner der Dachform folgenden Decke, der stark gegliederten Holzvertäfelung und des märchenhaften Ausblicks in seiner Wirkung vielleicht noch übertreffen könnte. Einstweilen darf aber am neu aufgerichteten Fahnenmast wieder das weiß-blaue Banner über der Insel wehen und vom bisher Geleisteten künden.
Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Christoph Straßer, Bayerische Schlösserverwaltung, Bauabteilung
Telefon (0 89) 1 79 08-409, Fax (0 89) 1 79 08-415
Pressemitteilung Juli 2003
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